An dieser Stelle behandele ich ausschließlich den Aufnahme-Teil auf Basis einer Fujifilm X-T30.

Das Zusammenfügen der geschossenen Fotos in Photoshop (ggf. auch andere Tools) behandele ich im Bereich Bildbearbeitung (Focus Bracketing mit Photoshop)

Ausgangslage und Konzept:

Je nach Motiv, verwendeter Technik und eingestellten Parametern bestimmt sich, welcher Teil des Motives scharf abgebildet wird.

Mit einer geschlossenen Blende (z.B. f/22) wird ein erheblich größerer Teil scharf als bei Offen-Blende (z.B. f/2). Bei den meisten Objektiven ist bei diesen Grenzwerten die Abbildungsleistung aber erheblich schlechter, als z.B. bei f/5,6 – f/11). 

Hinzu kommt, dass man für die benötigte Lichtmenge die Belichtungszeit verlängern und die Sensor-Empfindlichkeit (ISO) erhöhen muss. Beides reduziert die Qualität zusätzlich.

Oft reicht als selbst die geschlossene Blende nicht aus, um den gesamten benötigten Bereich mit einer Aufnahme scharf abgebildet zu bekommen. 

Beim Bracketing oder Stacking wird der gesamte Bereich in einzelne Bereiche aufgeteilt. 2cm bekommt man mit einer Aufnahme besser scharf abgebildet als 20cm. Und, entsprechend den Ausführungen oben, wird die Abbbildungsleistung verbessert.

Wie bei der Erstellung von Panoramen werden auch hier mittels der Bildbearbeitung die scharfen Bereiche jeder dieser Aufnahmen zu einem scharfen Gesamtbild verknüpft.

Bestimmung der Parameter:

Aus der Kombination aus Entfernung zum Objekt, verwendete Brennweite (ggf. Umrechnung mit Crop-Faktor) und der Blenden-Öffnung kann errechnet werden, von wo bis wo das Objekt scharf ist.

Getestet wurde mit einem VW-Käfer Cabrio in einer Entfernung von 70cm. Das Auto selber ist ca. 22 cm lang. Da es aber schräg steht beträgt die unterschiedliche Entfernung (Schärfen-Ebene) zur Kamera nur ca. 20 cm.

Mit einem 50mm-Objektiv auf APS-C ergeben sich 75mm Brennweite. 

Mit einer Blende von f/22 bekomme ich zwar das gesamt Auto in einem Foto abgebildet, muss aber eine Belichtungszeit von ⅛ sec. wählen. Außerdem darf man bei Objektiven mit „nur“ mittlerer Qualität davon ausgehen, dass die Qualität ab f/16 (ggf. auch schon früher) nachlässt.

Ich möchte daher mit Blende f/4 fotografieren (Offenblende bei diesem Objektiv war f/2,8) und 1/250 Sec.

Es gibt diverse Rechner für den Schärfebereich. Mir gefällt am besten https://www.fotoclub-vogtland.de/tool_schaerfentiefe.html

Bei der obigen Konfiguration müsste ich mit f/22 genau auf 79cm fokussieren und hätte dann den Bereich zwischen 69,7 cm und 91,2 cm scharf. Der Schärfebereich beträgt somit 21,6 cm.

Bei Blende 4 beträgt der Bereich 2,91 cm. Wenn auf die Spitze des Autos scharf gestellt wird, beginnt die Schärfe ab einer Entfernung von 68,6 cm. Mit 7 Aufnahmen, die jeweils den kompletten Bereich von 2,91 cm ausnutzen würden, wird somit von 68,6 cm – 88,97 cm scharf gestellt. Die 20 cm des Autos sind daher vollständig erfasst.

Diese 2,91 cm werden in den Kamera-Parametern „STEP“ berücksichtigt.  Eine Einstellung auf „5“ bedeutet, dass die Fokussierung bei jeder Auflösung um 100% des Schärfebereiches weiterwandern soll. In diesem Falle müssten wir die Anzahl auf „7“ stellen.

Je mehr Bilder aber dieselbe Stelle beinhalten, desto besser wird die Qualität.

Bei STEP = „10“ wird der doppelte Bereich gewählt. Wir benötigen somit nur 4 Auslösung.

Bei STEP = „1“ sind es 20%, wir benötigen somit die fünffache Menge; in diesem Falle 35 Frames. Ich habe 20 Frames gewählt und im zweiten Durchlauf die 35 Frames.

Der Startpunkt muss im manuellen Modus eingestellt werden. Verfügt das Objektiv über AF, muss man nur den Auslöser gedrückt halten, bis die eingestellte Anzahl an Aufnahmen erstellt wurde. 

Werden z.B. Fremdobjekte ohne „intelligenten“ Adapter verwendet, ist eine Fokussierung durch die Kamera nicht möglich. In diesem Falle müssten die Startpunkte aller Schritte einzeln manuell fokussiert werden.

Die Praxis sieht anders aus:

Ich habe die vier Autos fotografiert mit 35,8mm Brennweite (+Crop 1,5) und Blende f/4.0.

Die Entfernung zum nächsten Punkt betrug 75cm und die zum weitesten Punkt (jeweils Stoßstange) 95cm. Ggf. habe ich aber 5cm vorher fokussiert, was einen extremen Unterschied ausmacht. Der errechnete Nahpunkt ist dann 67,1cm und die Schärfentiefe 6,09cm.

Im ersten Beispiel habe ich 6 Frames bei STEP 5 (100%) erstellt und erwarte eine Schärfe von 67,1cm – 103,64cm

Im zweiten Beispiel wurden 10 Frames bei STEP 4 (80%) erstellt und erwartet wurde eine Schärfe von 67,1cm – 115,82cm

In beiden Fällen müsste daher auch der Wagen ganz links durchgängig scharf sein, was nicht der Fall ist. 

Es wurde nicht berücksichtigt, dass die Schärfentiefe aufgeteilt wird auf 2,91cm vor dem Punkt und 3,18cm nach dem Punkt. Wenn die Schrittweite sich jeweils an dem Bereich nach dem Punkt orientiert, ergibt sich im ersten Beispiel ein Schärfebereich bis 86,18cm und im zweiten Bereich bis 92,54cm.

Dies spiegelt sich in der erreichten Schärfe wider.

Der letzte Wagen ist 20 cm lang und benötigt somit eine Schärfe bis 115cm.  

Daher: nur mit der Schärfe hinter dem Objekt rechnen und 10%-20% an zusätzlichen Frames zur Sicherheit erstellen


Man sieht den Unterschied in der erreichten Schärfentiefe.

Am Gitter erkennt man, dass bereits vor dem blauen Auto scharf gestellt wurde.

Aus den Ebenenmasken erkennt man, dass jeweils das erste und das letzte Bild einen besonderen Einfluss haben.

Bei den Fotos dazwischen gibt es zwar auch immer relevante Schärfebereiche, die aber bei einem großflächigen Motiv wie dieses, kaum einen Unterschied machen.

 



 

 

Bei kleineren Motiven und einer größerer Brennweite benötigt man eine höhere Anzahl von Frames (hier 35) und erzielt auch bemerkenswertere Ergebnisse.

Kamera Setup:

Zunächst einmal ist es in den meisten Fällen sinnvoll, im JPEG- und nicht im RAW-Format zu fotografieren.

Bei mehr als 15 Fotos ist der Puffer schnell gefüllt und weitere Bilder können nur noch mit Verzögerung erstellt werden. Eine Bewegung des Objektes könnte dann leicht das ganze Bild zerstören.

Hinzu kommt natürlich die Zeit-Einsparung bei der RAW-Konvertierung. 

Natürlich gibt es auch schwierige Lichtverhältnisse, die eine RAW-Optimierung erfordern.

Man kann zwei verschiedene Bracketing-Einstellungen speichern und den beiden Einstellungen BKT1 und BKT2 am Wählrad zuordnen.

Dies erfolgt im <Drive Setting> auf der ersten Seite vom <Shooting Setting>. 

Wenn man über <BKT Select> im <BKT Setting> ausgewählt hat, dass es sich um ein Fokus-Bracketing handelt, kann man die Parameter über <Focus BKT> eingeben. BKT1 und BKT2 können somit zwei verschiedene Bracketing-Typen umsetzen, nicht aber zwei unterschiedliche Einstellungen zum gleichen Bracketing-Typ.

Bei <Focus BKT Setting> wählt man die Anzahl der Bilder (Frames), die Fokussierungs-Schritt-Größe zwischen zwei Auslösungen und die Wartezeit zwischen zwei Auslösungen.

Oben wurde bereits beschrieben, wie man die benötigte Anzahl an Bildern ermittelt. Bei STEP handelt es sich um einen Prozentwert (von 20% für 1, über 100% für 5 bis 200% für 10) des Schärfentiefe-Bereichs je Schritt. Auch dies wurde oben detailliert beschrieben.

Ein Zeitintervall <> 0 macht immer dann Sinn, wenn man technisch eine Ruhepause benötigt. Zwingend wird dies beim Einsatz vom Blitz und auch bei Nutzung des RAW-Formates, damit sich Batterie und Puffer regenerieren können.

Ein weiterer Nutzen könnte kreativer Art sein. Das Bild unten zeigt ein Bracketing mit einer sich relativ langsam bewegenden Person.

Als letzter Hinweis zu den Einstellungen ist zu erwähnen, dass ein AF-fähiges Objektiv benötigt wird; trotzdem muss auf der Vorderseite der „M“-Modus aktiviert und der Startpunkt manuell eingestellt werden.

Hier jetzt ein weiteres Beispiel mit eine X-T30 und einem XF16mm 2,8

Es wurden mit Blende f/2.8 und einem Abstand von 20-25 cm 30 Bilder mit einer Schrittweite von 3 und einem Intervall von 0 aufgenommen.

 


Links war das erste Bild. Es wurde manuell auf die Lampe vor der Brust scharf gestellt.

Rechts ist das letzte  Bild. Hier liegt die Schärfe auf dem hinteren Fuß.

Obwohl 30 Bilder eingestellt waren, wurden nur 15 erstellt. Danach war bereits der gesamte Bereich abgedeckt.


Links mit Affinity (eine Funktion aus einem Komplettpaket für ca. 60€) und rechts mit der neuesten Version 8.01 von Helicon Focus Pro (ca. 180€).

Helicon ist mehr als doppelt so schnell und bringt an einigen Stellen mit weniger Kontrast auch eine bessere Schärfe.

Für mich als Privatperson ist Affinity aber ausreichend.

Bei Helicon gibt es aber auch preiswertere Versionen (Lite für ca. 80€) oder Jahreslizenzen für ca. 30%.

Hier ein Vergleich der Features

 



Hier wurde manuell ein gezielter Stack von nur 6 Bildern erzeugt und mit einer alten Version von Focus Projects ein Bild erzeugt.

Links ist der hintere Teil scharf, rechts der vordere und nach dem Stiching (Verarbeitung des Bracketing) sind es beide.

Da meine Fuji X-T30 selber Fokus-Stacks erzeugen kann, ist dieses Programm eine preiswerte Alternative.

Mit Helicon könnte man im Tethering die Kamera steuern, was eine Fuji nicht benötigt.

In der Version 4 Professional ist auch ein RAW-Entwickler vorhanden. Idealer Weise arbeitet man daher im RAW-Format, auch wenn dies langsamer ist und viel mehr Hauptspeicher benötigt. 

Ein schöner YouTube-Film (über 1 Stunde) zu Focus Projects und die Verbindung mit Sharpen.